Historisches Kleinkraftwerk

Verein Historisches Kleinkraftwerk Ottenbach

Seit dem 18. Dezember 2013 besteht der Verein Historisches Kleinkraftwerk Ottenbach (VHKO). Er ist aus einer Betriebsgruppe entstanden, die im Auftrag der kantonalen Denkmalpflege die Turbinenanlage regelmässig in Gang gesetzt hat, um Stillstandschäden zu vermeiden. Zum gleichen Zweck ist dem Verein ein Leistungsauftrag erteilt worden, der die regelmässige Inbetriebnahme sowie die Durchführung der laufenden Wartungsarbeiten beinhaltet. Zum Auftrag gehört auch die Sicherstellung des Hochwasserschutzes. Darüber hinaus betreibt der Verein die Gesamtanlage mit Vorführungen für die Öffentlichkeit und erforscht und dokumentiert ihre technische und wirtschaftlich-soziale Geschichte.

Der VHKO setzt die Anlage für Sie in Betrieb. Orientieren Sie sich über Standort, Öffnungszeiten, Eintrittspreise und den Kontakt auf der Homepage vom Verein Historisches Kleinkraftwerk Ottenbach (VHKO).

Hintereingang Turbinenanlage an der Muristrasse

Geschichte

Die Geschichte der Turbinenanlage ist auch die Geschichte der Textilindustrie von Ottenbach. In der Blütezeit anfangs 19. Jahrhundert standen mehr als 350 Webstühle in Betrieb und die Mechanische Seidenstoffweberei Zürich beschäftigte in Ottenbach zeitweise über 200 Mitarbeitende, die aus den umliegenden zürcherischen und aargauischen Gemeinden stammten. Das mit Abstand grösste industrielle Unternehmen der Gemeinde produzierte vorerst Beuteltuch, dann Schirmstoff und später Kleider-, Möbel- und Dekorationsstoffe.

Die Wasserkraft wurde anfänglich zum direkten mechanischen Antrieb der Webstühle eingesetzt. Über Kegelzahnräder und Transmissionsriemen wurde die Königswelle angetrieben, an der dann über komplizierte Transmissionen die Webstühle angeschlossen werden konnten. Im Winter stand die Wasserkraft wegen zu tiefem Wasserangebot nicht zur Verfügung und eine bewegliche Dampfmaschine - das Lokomobil - wurde an die Transmissionsanlage angeschlossen. Zwei Pferdefuhrwerke fuhren dauernd zwischen Ottenbach und dem Bahnhof Affoltern a.A. hin und her und transportierten die benötigte Kohle. Der Winter wurde auch dazu benutzt, die nötigen Unterhaltsarbeiten an Turbinenanlage und Kanälen auszuführen.

Wollte man die Geschichte noch weiter zurück verfolgen, so müsste eine Geschichte der Mühlen von Ottenbach geschrieben werden. Weiler und Dörfer sind ja vorzugsweise an Bächen und Flüssen entstanden, wo das Wasser zum Antrieb von Mühlen - vorwiegend Getreidemühlen - und als Transportweg diente. So ist bekannt, dass ein Müller Heinrich Grob 1645 die Genehmigung zur Betreibung eines Mühlsteins am Dorfbach, unweit der heutigen Turbinenanlage erhalten hat. Doch der eigentliche Beginn der Wasserkraftnutzung aus der Reuss erfolgte 1836 mit der Getreidemühle von Jakob Beerli. Er führte das Reusswasser als erster mit einem Kanal zum Mühlrad.

Die Herren Bodmer und Hürlimann erwarben dann 1871 den Müllereibetrieb und bauten ihn zur Seidenstoffweberei aus. Ziemlich bald ersetzten sie das Wasserrad durch eine Francisturbine.

Heute kann der Zustand der Anlage, wie er seit 1920 besteht bestaunt werden. Damals erfolgte der Abbruch der Transmissionsanlage und die Webstühle wurden auf elektrischen Betrieb umgestellt. Mit der Weltwirtschaftskrise kündigte sich auch der langsame Untergang der Textilindustrie in Ottenbach an. Die Seiden- und Dekorationsstoffweberei A.F. Haas & Co. übernahm die defizitäre Anlage, bis 1970 die Produktion aufgegeben wurde und ein reines Textilhandelsgeschäft, heute Haas-Shopping, entstand.

Ende der 70er Jahre erwarb der Kanton Zürich im Zusammenhang mit dem Reussuferschutz die gesamte Anlage inkl. Wasserbauten und führte sie der Öffentlichkeit zu. Die Hochwasser 2005 und 2007 setzten das Turbinengebäude unter Wasser und beschädigten die teilweise schon früher zerfallenen Wasserbauten zusätzlich. 2011 und 2012 wurden die Uferverbauungen des Oberwasserkanals und das Streichwehr für 1.3 Mio Fr. in Stand gesetzt, so dass im Frühjahr 2012 die Anlage wieder besichtigt werden konnte.